In den Tagen rund um Weihnachten müsste man eigentlich – voll der Vorfreude auf das „geheimnisvolle“ Geburtsfest Jesu – allenthalben zufriedene und freundliche Gesichter erleben. Auf den Wegen durch die festlich geschmückte und bei Dunkelheit in ein Lichtermeer getauchte Stadt begegnen uns leider eher allzu oft verhärmte Menschen, die von der Hast nach Geschenken für den weihnachtlichen Gabentisch getrieben werden. Viele in unserer Wohlstandsgesellschaft – so heißt es – haben ja bereits alles, was man sich wünscht, und das macht ihnen das Schenken heutzutage deshalb so schwer. Und doch gibt es Geschenke immaterieller Art, auf die wir meist vergessen, weil sie so einfach sind und uns noch dazu kostenlos zur Verfügung stehen: Ein freundliches Lächeln von Mensch zu Mensch, bloß ein natürliches Lächeln bei Begegnungen, das wir verschenken und dann dankbar auch wieder annehmen können.
Das bisher von mir Gesagte könnte freilich den Eindruck erwecken, als wären wohl überlegte und liebevoll ausgesuchte Geschenke allein durch ein Lächeln zu ersetzen; dem ist nicht so, denn ehrliches Schenken bereitet auf alle Fälle den Beschenkten große Freude, auf die wir gerade um Weihnachten, dem „Hochfest der Liebe“, nicht verzichten wollen. Geschenke sind ja sichtbare Zeichen der Zuneigung! Ein Lächeln dazu quasi als Zugabe oder Draufgabe gehört in jedem Fall zu den grundmenschlichen Verhaltensweisen, die wir unseren Mitmenschen stets erweisen sollen und dann wohl auch wieder erwarten dürfen!
Reinhold STECHER (1921-2013), Bischof der Diözese Innsbruck, hat auf seinem Kalenderblatt für den Dezember 2020 unterhalb seines wunderbaren Aquarells von der Mariahilf-Kapelle zu Arzl in Tirol die Vielfalt an Möglichkeiten des Lächelns in sprachlich berührender Weise beschrieben und als Anregung dargelegt; diesen seinen „Weihnachts-Text vom befreienden Lächeln“ darf ich hier zitieren:
„Im ersten Lächeln des Kindes von Bethlehem wird eine selige Brücke
zwischen Gott und der Menschheit geschlagen.
Darum muss mit diesem Fest ein tausendfaches Lächeln über die Erde gehen:
Ein Lächeln der Freude über ein Geschenk, das überrascht;
Ein verständnisvolles Lächeln in einer Geste der Versöhnung;
Ein Lächeln des Vereinsamten, der eine Aufmerksamkeit erfährt;
Ein Lächeln des Hungernden, der Hilfe erlebt;
ein Lächeln des Gedrückten, der Solidarität zu spüren bekommt;
ein Lächeln des Flüchtlings, der eine Bleibe findet …
Das Maß der rechten Feier der Weihnacht liegt darin,
wie viel befreiendes Lächeln wir rund um dieses Fest in die Welt zaubern …“.
H.T.